Viele Türen, kein Entkommen

Über gefressene Hüte, entfesselte Hochzeitsgesellschaften und klingende Labyrinthe in Pferd frisst Hut – Eine Einführung Roman Reeger
Wie wird ein von einem Pferd gefressener Strohhut zum Ausgangspunkt einer rasanten Verfolgungsjagd, an der sich zudem noch eine ganze Hochzeitsgesellschaft beteiligt? Die Antwort hierzu liefert das fünfaktige Vaudeville Ein Florentinerhut aus der Feder Eugène Labiches (1815–1888), das 1851 den Durchbruch für den Fabrikantensohn bedeutete. Unter den 150 Stücken aus Labiches »Schreib- Fabrik« gehört das temporeiche Ein Florentinerhut zu den erfolgreichsten. Es wurde zum Inbegriff der Boulevardkomödie und inspirierte zahlreiche Neuinszenierungen, Adaptionen und Verfilmungen. Bereits bei der Uraufführung zeigte sich der Erfolg des Stoffes auf makabre Weise: Ein Zuschauer soll gar an einem Lachanfall gestorben sein.

Wie kaum ein anderes Stück des Autors Labiche, wird Ein Florentinerhut von ständiger Bewegung bestimmt. Die zahlreichen Ortswechsel des rastlos umherirrenden Protagonisten Fadinard, der an jeder Station immer wieder in neue Konflikte und Herausforderungen gerät, definieren die Grunddynamik des Textes. Wie in Beaumarchais Figaros Hochzeit ereignet sich die Handlung vor dem Hintergrund einer geplanten Eheschließung. Fadinards detektivische Suche nach dem Hut gerät durch die ihm folgende Hochzeitsgesellschaft zu einer wilden Verfolgungsjagd, die sich mit einer Verwechslungslogik verbindet. So werden, neben Personen und Objekten, auch Räume und Orte konsequent durcheinandergebracht. Das zeigt sich anhand der von Ort zu Ort eilenden Hochzeitsgesellschaft, welche die ritualmäßige Abfolge der Hochzeitsfeierlichkeiten unabhängig von der Umgebung einzuhalten glaubt.

Pferd frisst Hut


Herbert Grönemeyer
Musikalische Komödie nach Eugène Labiches Ein Florentinerhut in einer Bearbeitung von Sabrina Zwach

Premiere am 8. Februar 2025
Koproduktion mit dem Theater Basel
Kooperation mit der Ruhrtriennale
Der Text bildet ein nahezu labyrinthisches System aus Missverständnissen, ein rhapsodisches Spiel mit Motiven, das in Sabrina Zwachs Bearbeitung des Textes weitergeführt wird. Der Titel Pferd frisst Hut bezieht sich auf eine legendäre Produktion des jungen Orson Welles am Maxine Elliott’s Theatre in New York City, das am 26. September 1936 mit Joseph Cotton in der Hauptrolle Premiere feierte. Der Titel der Show lautete Horse Eats Hat und sprengte lustvoll den Theaterrahmen mit falschen Schauspielerauftritten, manipulierten Requisiten und einem zusammenbrechenden Bühnenbild.
Es sind die manchmal offensichtlichen, aber immer wieder auch nicht auf den ersten Blick erkennbaren Gefühlszustände der Figuren, die in den von Thomas Meadowcroft für großes Orchester arrangierten Nummern hörbar werden. Sie erzeugen ein ambivalentes Spannungsfeld, das die besondere Form dieser Musikalischen Komödie bestimmt und eine stilistische Bandbreite entfaltet, die von dem jazzig angehauchten »Kater-Song« über treibende Duette bis hin zu Balladen und parodistischem Italo-Pop reicht.

Auch Herbert Fritsch spielt immer wieder mit den Grundelementen des Theaters. Seine Inszenierung von Pferd frisst Hut ist geprägt durch Artistik, Slapstick, Körperlichkeit und eine rhythmische Grundmusikalität, die ihren Widerhall in Körpern und Figuren findet, die durch unerfüllte Begierden, Sehnsüchte und unüberwindbare Verklemmungen getrieben werden. Dem Chor als umherjagende Hochzeitsgesellschaft kommt hierbei eine besondere Rolle zu. Die verschiedenen Orte der Handlung verdichten sich in einem Bühnenraum, der ein Türenlabyrinth ohne klar definierten Ein- und Ausgang darstellt und permanente Bewegung einzufordern scheint.
Die von Herbert Grönemeyer komponierten Lieder und Instrumentalmusiken stehen oftmals im dynamischen Kontrast zum überbordenden Tempo der Inszenierung.
Februar 2025
https://www.komische-oper-berlin.de/ Komische Oper Berlin Bismarckstraße 110, 10625 Berlin
Do
13.
Feb
19:00
Schall&Rausch
Herbert Grönemeyer
Schillertheater – Großer Saal
https://www.komische-oper-berlin.de/ Komische Oper Berlin Bismarckstraße 110, 10625 Berlin
Sa
15.
Feb
19:30
Schall&Rausch
Herbert Grönemeyer
Schillertheater – Großer Saal
Mai 2025
https://www.komische-oper-berlin.de/ Komische Oper Berlin Bismarckstraße 110, 10625 Berlin
Do
15.
Mai
19:30
Herbert Grönemeyer
Schillertheater – Großer Saal
https://www.komische-oper-berlin.de/ Komische Oper Berlin Bismarckstraße 110, 10625 Berlin
Mo
19.
Mai
19:00
Herbert Grönemeyer
Schillertheater – Großer Saal
https://www.komische-oper-berlin.de/ Komische Oper Berlin Bismarckstraße 110, 10625 Berlin
Sa
24.
Mai
19:30
Zum letzten Mal in dieser Spielzeit!
Herbert Grönemeyer
Schillertheater – Großer Saal

Mehr dazu

9. Februar 2025
Szenenapplaus, stehende Ovationen, gute Laune auf der Bühne und im Parkett, ein Riesenerfolg... So hingebungsvoll hat man den ewigen Kampf von Mensch und Tür noch nicht gesehen wie bei dem virtuosen Hut-Bürger, Hut-Lacher, Hut-Ständer und Hauptdarsteller Christopher Nell. … Das gesamte Ensemble, die Tänzerinnen und Tänzer, das Orchester unter der Leitung von Dirk Kaftan, die Mitglieder des Vocalconsort Berlin – sie werfen sich mit Lust in den Parcours der Hindernisse auf dem Weg zum Hochzeitsfest.
Rüdiger Schaper, Der Tagesspiegel, 09.02.2025
Grönemeyer an der Komischen Oper: Der doppelte Herbert triumphiert
#KOBPferdfrisstHut
9. Februar 2025
Verwicklungen ohne Ende, das Publikum im Schillertheater quietscht angesichts der vielen Wortwitze, Slapstick-Einlagen und höchsten Töne vor Vergnügen… Dieses Grönical ist ein Muss!
Martina Hafner, B.Z., 09.02.2025
Grönemeyer-Oper umwerfend komisch!

#KOBPferdfrisstHut
29. November 2022
Günter Papendell jedenfalls klingt als Titelheld so, als wäre er im Geburtsland der Oper groß geworden. Wie er die Töne erblühen lässt, wie er die Melodiebögen spannt, wie er vokal flirtet, das ist purer Belcanto.
Ein Coup an der Komischen Oper — Der flirtende Holländer
Frederik Hanssen, Der Tagesspiegel
#KOBHollaender
29. November 2022
Jetzt macht sich Herbert Fritsch, der Dada- und Unsinnsbeauftragte des deutschen Theaters, mit einem bestens aufgelegten Ensemble an der Komischen Oper einen Spaß mit Wagners Frühwerk "Der fliegende Holländer" - und beweist virtuos, dass man sich dabei glänzend amüsieren und die Oper trotzdem oder gerade ernst nehmen kann.
Käpt'n Bierfass
Peter Laudenbach, Süddeutsche Zeitung
#KOBHollaender
29. November 2022
Papendell ist das Kraftzentrum der Neuinszenierung, ein Ausnahmekünstler, weil er nicht Rollen darstellt, sondern wirklich der Holländer ist, in jedem Moment, auch wenn er mal schweigt, einfach nur dasteht und durch seine Körperspannung Präsenz verströmt.
Ein Coup an der Komischen Oper — Der flirtende Holländer
Frederik Hanssen, Der Tagesspiegel
#KOBHollaender
29. November 2022
Dirigent Dirk Kaftan, selbst schon als Segler vor skandinavischen Küsten erprobt, steuerte das Orchester bravourös durch das musikalische Sturmgetöse.
»Fliegender Holländer« im Kinderzimmer: Wagner-Premiere
Gerd Roth, dpa
#KOBHollaender
28. November 2022
Ganz toll machen das eben diese beiden Protagonisten. ... Der Papendell ist fantastisch. Das klingt viel expressionistischer als man das in großen Staatstheatern sonst erlebt, aber das rechtfertigt sich ja eben auch, gerade durch diese Andersartigkeit.
»Der fliegende Holländer« von Richard Wagner
Kai Luehrs-Kaiser, rbb kultur
#KOBHollaender