© Jaro Suffner
Hip-Hop meets Kurt Weill
In der Oper over and over vorbei nicht vorbei folgen Ted Hearne (Libretto, Komposition, Musikalische Leitung) und Daniel Fish (Regie) ihrem Inspirator Kurt Weill. Wie bringen sie verschiedene Einflüsse und Musikstile zwischen Avantgarde- und Popmusik zusammen. Mit kompositorischen Ideen des Hip-Hop und elektronischer Musik tasten sie sich durch die Songs, die die Zeit der Sklaverei in den USA und des Holocaust in Deutschland geprägt haben. Ihr Ziel: sie als Mittel ideologischer Verführung aufzudecken und gegenüberzustellen. Im Gespräch erzählen Ted Hearne und Daniel Fish über ihre Erfahrungen mit Erinnerungskulturen, warum Liedtexte für den genauen Blick von der Musik befreit werden müssen und welche Rolle der Blick zurück für ein 'Nie wieder ist jetzt' spielen kann.
Wie kam es zu eurer Zusammenarbeit für das Festival Schall&Rausch?
Ted Hearne: Daniel und ich haben 2014 ein Stück mit dem Titel The Source über die geleakten Dokumente zum Irak- und Afghanistan-Krieg gemacht. Für das Festival wollten wir etwas Ähnliches entwickeln.
Daniel Fish: Ted und ich haben uns viel über Deutschland und Amerika unterhalten, über historische Verbrechen und darüber, wie Deutschland sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzt, wie Amerika sich mit seiner Vergangenheit auseinandergesetzt hat. Ich las gerade Isabel Wilkersons Caste: The Origins of Our Discontent. In dem Buch geht es um die Geschichte Amerikas und seine Beziehung zur deutschen Geschichte. Es arbeitet heraus, welche Parallelen und Unterschiede es in der Art und Weise gibt, wie Deutschland den Holocaust und den Nationalsozialismus und wie Amerika die Sklaverei betrachtet hat, sowie die Folgen der Sklaverei und das Fortbestehen des Rassismus in den USA.
Ted Hearne: Wir wollten etwas wie einen Dialog entwickeln, ein Gespräch zwischen unseren beiden Kulturen, den Vereinigten Staaten und Deutsch- land, darüber, wie wir unsere Vergangenheit betrachten.
Wie bist du bei der Komposition von over and over vorbei nicht vorbei vorgegangen? Und was sind deine musikalischen Einflüsse?
Ted Hearne: Kurt Weill ist schon lange ein wichtiger Einfluss für mich. Die Art, wie seine Musik verschiedene Genres, verschiedene Stile, verschiedene musikalische Einflüsse zu einem expressiven und zu einem politischen Zweck vermischt, war für mich als junger Komponist wegweisend. Es ist also eine Ehre, hier an der Komischen Oper Berlin ein neues Stück zu präsentieren, das ausdrücklich eine Hommage an ihn ist. Wie auch in seiner Kunst findet dieses Stück seinen Ausdruck durch die Mischung und Annäherung an verschiedene Stile. Ich lasse mich auch stark von kompositorischen Ideen aus dem Hip-Hop und der elektronischen Musik beeinflussen. Hätte er zu einer späteren Zeit gelebt, hätte Weill vermutlich mit der Hip-Hop-Tradition interagiert, denn diese Ästhetik, etwas neu zu kombinieren, weist viele Ähnlichkeiten zu seiner eigenen auf.
Ted Hearne: Daniel und ich haben 2014 ein Stück mit dem Titel The Source über die geleakten Dokumente zum Irak- und Afghanistan-Krieg gemacht. Für das Festival wollten wir etwas Ähnliches entwickeln.
Daniel Fish: Ted und ich haben uns viel über Deutschland und Amerika unterhalten, über historische Verbrechen und darüber, wie Deutschland sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzt, wie Amerika sich mit seiner Vergangenheit auseinandergesetzt hat. Ich las gerade Isabel Wilkersons Caste: The Origins of Our Discontent. In dem Buch geht es um die Geschichte Amerikas und seine Beziehung zur deutschen Geschichte. Es arbeitet heraus, welche Parallelen und Unterschiede es in der Art und Weise gibt, wie Deutschland den Holocaust und den Nationalsozialismus und wie Amerika die Sklaverei betrachtet hat, sowie die Folgen der Sklaverei und das Fortbestehen des Rassismus in den USA.
Ted Hearne: Wir wollten etwas wie einen Dialog entwickeln, ein Gespräch zwischen unseren beiden Kulturen, den Vereinigten Staaten und Deutsch- land, darüber, wie wir unsere Vergangenheit betrachten.
Wie bist du bei der Komposition von over and over vorbei nicht vorbei vorgegangen? Und was sind deine musikalischen Einflüsse?
Ted Hearne: Kurt Weill ist schon lange ein wichtiger Einfluss für mich. Die Art, wie seine Musik verschiedene Genres, verschiedene Stile, verschiedene musikalische Einflüsse zu einem expressiven und zu einem politischen Zweck vermischt, war für mich als junger Komponist wegweisend. Es ist also eine Ehre, hier an der Komischen Oper Berlin ein neues Stück zu präsentieren, das ausdrücklich eine Hommage an ihn ist. Wie auch in seiner Kunst findet dieses Stück seinen Ausdruck durch die Mischung und Annäherung an verschiedene Stile. Ich lasse mich auch stark von kompositorischen Ideen aus dem Hip-Hop und der elektronischen Musik beeinflussen. Hätte er zu einer späteren Zeit gelebt, hätte Weill vermutlich mit der Hip-Hop-Tradition interagiert, denn diese Ästhetik, etwas neu zu kombinieren, weist viele Ähnlichkeiten zu seiner eigenen auf.
Welchen Fragen und Interessen bist du bei der Auswahl der historischen Lied- und Textquellen gefolgt?
Ted Hearne: Die Frage, mit der wir begannen, war: Wie stellen wir uns den Verbrechen unserer Vorfahren, unserer Nationen? Und wie blicken junge Menschen auf diese Verbrechen? In letzterer Frage ist meiner Meinung nach auch die Frage eingebettet, wie wir diese Verbrechen darstellen, wenn wir der nächsten Generation diese Geschichte beibringen.
Daniel Fish: Als ich Anfang der 2000er zum ersten Mal nach Deutschland kam, war ich wirklich erstaunt, wie viele sichtbare Gedenkstätten es für die Vergangenheit gab, von den Stolpersteinen bis zu Eisenmans Holocaust-Denkmal. Wohin man auch blickt. Und an wichtigen Orten. Das war so unamerikanisch. Völlig anders. Solche Konfrontationen mit unserer Vergangenheit gibt es bei uns nicht. Ich bin derzeit sehr überwältigt von der Komplexität des Themas und davon, wie man seine Faszination für, oder, man kann fast sagen, seine Fetischisierung der Vergangenheit missbrauchen kann, um zu vermeiden, dass man sich wirklich mit ihr auseinandersetzt.
Ted Hearne: Ja, und kann das Fetischisieren der Schuldgefühle aufgrund der Verbrechen unserer Vorfahren eine Distanz zu oder Passivität gegen- über den Verbrechen schaffen, die unsere Nationen heute begehen? Schau, mein Land hat sowohl eine gewalttätige Geschichte als auch eine gewalttätige Gegenwart. Das Selbstverständnis meines Landes basiert darauf, dass ein Teil der Gewalt in der Vergangenheit in der öffentlichen Wahrnehmung als ungerechtfertigt angesehen wird, aber es stimmt auch, dass die Gewalt bis heute anhält. Die Gewalt hat nie aufgehört. Aber damit die Gewalt weiter existieren kann, muss sie als eine andere Gewalt dargestellt werden als die in der Vergangenheit, als eine geringere oder eine notwendige Gewalt. Was wäre, wenn ich die Gewalt in der Vergangenheit und die Gewalt in der Gegenwart eher als ähnlich, denn als verschieden ansehen würde? Würde dies meine Wahrnehmung von meinem Land verändern? Hängt meine Beziehung zu meinem Land von einer Abgrenzung zwischen den beiden ab? Das hört sich für mich nach einer missbräuchlichen Beziehung an, die ich ermögliche. Und deshalb habe ich mich der Sprache der Liebeslieder zugewandt. Die Konstruktionen von Schuld und Verantwortung, Opfer und Täter werden auf die Texte der Liebeslieder übertragen, wenn sie neben »problematischere« Lieder aus der Vergangenheit unserer Nationen gestellt werden. Außerdem glaube ich, dass sich aus Popsongs der Vergangenheit viele Informationen über das Verhältnis der Menschen zu ihrer nationalen Identität herauslesen lassen. Wir verwenden Textfragmente aus »Stop! In the Name of Love« und »Das kannst du mir nicht verbieten«. Lieder, die in beiden Ländern genau zur gleichen Zeit sehr beliebt waren. Diese Lieder haben einen Zeitstempel. Sie waren sehr beliebt und mögen harmlos erscheinen. Aber »Stop!« ist ein Lied darüber, Zeuge zu sein: Du betrügst mich, aber ich habe deine Taten gesehen und kenne die Wahrheit. Die Haltung von »Das kannst du mir nicht verbieten« ist eine, als ob es keine Probleme gäbe. Alles ist großartig. Im Musikvideo aus dem Jahr 1964 ist das Nicht-Zurückblicken sehr präsent. Der erwachsene Mann, der es singt, wirkt wie ein Kind. Diese Assoziation und die wenigen ausgewählten Textauszüge, die im Libretto enthalten sind, helfen dabei, die Lieder der Hitlerjugend, die in ihrer Propaganda sehr direkt sind, einzuordnen.
Ted Hearne: Die Frage, mit der wir begannen, war: Wie stellen wir uns den Verbrechen unserer Vorfahren, unserer Nationen? Und wie blicken junge Menschen auf diese Verbrechen? In letzterer Frage ist meiner Meinung nach auch die Frage eingebettet, wie wir diese Verbrechen darstellen, wenn wir der nächsten Generation diese Geschichte beibringen.
Daniel Fish: Als ich Anfang der 2000er zum ersten Mal nach Deutschland kam, war ich wirklich erstaunt, wie viele sichtbare Gedenkstätten es für die Vergangenheit gab, von den Stolpersteinen bis zu Eisenmans Holocaust-Denkmal. Wohin man auch blickt. Und an wichtigen Orten. Das war so unamerikanisch. Völlig anders. Solche Konfrontationen mit unserer Vergangenheit gibt es bei uns nicht. Ich bin derzeit sehr überwältigt von der Komplexität des Themas und davon, wie man seine Faszination für, oder, man kann fast sagen, seine Fetischisierung der Vergangenheit missbrauchen kann, um zu vermeiden, dass man sich wirklich mit ihr auseinandersetzt.
Ted Hearne: Ja, und kann das Fetischisieren der Schuldgefühle aufgrund der Verbrechen unserer Vorfahren eine Distanz zu oder Passivität gegen- über den Verbrechen schaffen, die unsere Nationen heute begehen? Schau, mein Land hat sowohl eine gewalttätige Geschichte als auch eine gewalttätige Gegenwart. Das Selbstverständnis meines Landes basiert darauf, dass ein Teil der Gewalt in der Vergangenheit in der öffentlichen Wahrnehmung als ungerechtfertigt angesehen wird, aber es stimmt auch, dass die Gewalt bis heute anhält. Die Gewalt hat nie aufgehört. Aber damit die Gewalt weiter existieren kann, muss sie als eine andere Gewalt dargestellt werden als die in der Vergangenheit, als eine geringere oder eine notwendige Gewalt. Was wäre, wenn ich die Gewalt in der Vergangenheit und die Gewalt in der Gegenwart eher als ähnlich, denn als verschieden ansehen würde? Würde dies meine Wahrnehmung von meinem Land verändern? Hängt meine Beziehung zu meinem Land von einer Abgrenzung zwischen den beiden ab? Das hört sich für mich nach einer missbräuchlichen Beziehung an, die ich ermögliche. Und deshalb habe ich mich der Sprache der Liebeslieder zugewandt. Die Konstruktionen von Schuld und Verantwortung, Opfer und Täter werden auf die Texte der Liebeslieder übertragen, wenn sie neben »problematischere« Lieder aus der Vergangenheit unserer Nationen gestellt werden. Außerdem glaube ich, dass sich aus Popsongs der Vergangenheit viele Informationen über das Verhältnis der Menschen zu ihrer nationalen Identität herauslesen lassen. Wir verwenden Textfragmente aus »Stop! In the Name of Love« und »Das kannst du mir nicht verbieten«. Lieder, die in beiden Ländern genau zur gleichen Zeit sehr beliebt waren. Diese Lieder haben einen Zeitstempel. Sie waren sehr beliebt und mögen harmlos erscheinen. Aber »Stop!« ist ein Lied darüber, Zeuge zu sein: Du betrügst mich, aber ich habe deine Taten gesehen und kenne die Wahrheit. Die Haltung von »Das kannst du mir nicht verbieten« ist eine, als ob es keine Probleme gäbe. Alles ist großartig. Im Musikvideo aus dem Jahr 1964 ist das Nicht-Zurückblicken sehr präsent. Der erwachsene Mann, der es singt, wirkt wie ein Kind. Diese Assoziation und die wenigen ausgewählten Textauszüge, die im Libretto enthalten sind, helfen dabei, die Lieder der Hitlerjugend, die in ihrer Propaganda sehr direkt sind, einzuordnen.
© Jaro Suffner
Wie hast du diese Auswahl getroffen?
Ted Hearne: Sowohl bei den Hitlerjugend-Liedern als auch bei »(I Wish I Was In) Dixie’s Land« habe ich mich der Angst gestellt, mir die Texte wirklich anzusehen. Zuerst wollte ich den Text von »(I Wish I Was In) Dixie’s Land« nicht verwenden. Aber Daniel drängte mich, genauer hinzu- schauen und half mir, den Fokus auf bestimmte Phrasen zu legen, die auf eine Art und Weise mitschwangen, die mir authentisch scheint und gleichzeitig das Trauma respektiert, das dieses Lied hervorrufen kann. Und die Hymne der Hitlerjugend »Vorwärts, vorwärts« nutzt eindeutig eine manipulative Rhetorik. Ich hatte das Gefühl, dass sie in der Art, wie sie Propaganda einsetzt, eigentlich sehr modern ist. Ich hielt es für wichtig, einige dieser Worte zu vertonen, vor allem weil es ein Lied ist, das sich an die Jugend wendet und auf eine Weise im Namen der Jugend spricht, die ich für sehr problematisch halte. Ich war auch sehr fasziniert von der Tatsache, dass das Lied verboten ist. Das finde ich sehr sinnvoll, aber es bedeutet auch, dass die meisten Menschen das Lied überhaupt nicht kennen. Und wenn wir uns weigern, diese Lieder mit neuen Augen zu betrachten, entziehen wir uns der Verantwortung, unsere Vergangenheit mit unserer Gegenwart zu vergleichen.
Daniel Fish: Dieses Wort »problematisch«. Ich wünschte, es gäbe ein anderes Wort dafür. Es fungiert als Abkürzung, um Konfrontationen zu vermeiden. Was mich an der Kultur, in der wir leben, so wütend und traurig macht, ist der ständige und zunehmende Mangel an Nuancen und der Widerstand gegen Nuanciertheit.
Ted Hearne: Das sehe ich auch so. Ich denke, bei allen Liedern in diesem Stück gibt es einen ähnlichen Ansatz zur Vertonung der Texte. Es geht darum, willkürliche Muster zu finden, sich auf bestimmte Wörter zu konzentrieren und dann die Wörter in anderer Reihenfolge neu anzuordnen, die Syntax zu ändern und viele Wiederholungen zu verwenden, um die potenziell unterschiedlichen Bedeutungen von Wörtern herauszuarbeiten und um die Wörter in verschiedene Kontexte zu stellen. Was passiert, wenn man diese Wörter ohne ihre ursprüngliche Musik spricht? Was passiert, wenn jemand sie auf Englisch singt, wenn jemand sie auf Deutsch singt? Wir haben drei Sänger:innen, und sie haben alle unterschiedliche Identitäten. Wenn sie alle La traviata singen, existiert ihre persönliche Identität vielleicht nur im Hintergrund der Inszenierung, aber wenn sie einen Text aus »(I Wish I Was In) Dixie’s Land« singen, steht die Identität der einzelnen Sänger:innen und ihre Vermittlung dieser Worte im Mittelpunkt der Interpretation. Was bedeutet es, wenn ein norwegischer Opernsänger diese Worte auf Deutsch singt? Und was bedeutet es, wenn ein Schwarzer amerikanischer Mann sie singt? Und was bedeutet es, wenn eine jüdische Amerikanerin, die in den Südstaaten aufgewachsen ist, sie singt?
Ted Hearne: Sowohl bei den Hitlerjugend-Liedern als auch bei »(I Wish I Was In) Dixie’s Land« habe ich mich der Angst gestellt, mir die Texte wirklich anzusehen. Zuerst wollte ich den Text von »(I Wish I Was In) Dixie’s Land« nicht verwenden. Aber Daniel drängte mich, genauer hinzu- schauen und half mir, den Fokus auf bestimmte Phrasen zu legen, die auf eine Art und Weise mitschwangen, die mir authentisch scheint und gleichzeitig das Trauma respektiert, das dieses Lied hervorrufen kann. Und die Hymne der Hitlerjugend »Vorwärts, vorwärts« nutzt eindeutig eine manipulative Rhetorik. Ich hatte das Gefühl, dass sie in der Art, wie sie Propaganda einsetzt, eigentlich sehr modern ist. Ich hielt es für wichtig, einige dieser Worte zu vertonen, vor allem weil es ein Lied ist, das sich an die Jugend wendet und auf eine Weise im Namen der Jugend spricht, die ich für sehr problematisch halte. Ich war auch sehr fasziniert von der Tatsache, dass das Lied verboten ist. Das finde ich sehr sinnvoll, aber es bedeutet auch, dass die meisten Menschen das Lied überhaupt nicht kennen. Und wenn wir uns weigern, diese Lieder mit neuen Augen zu betrachten, entziehen wir uns der Verantwortung, unsere Vergangenheit mit unserer Gegenwart zu vergleichen.
Daniel Fish: Dieses Wort »problematisch«. Ich wünschte, es gäbe ein anderes Wort dafür. Es fungiert als Abkürzung, um Konfrontationen zu vermeiden. Was mich an der Kultur, in der wir leben, so wütend und traurig macht, ist der ständige und zunehmende Mangel an Nuancen und der Widerstand gegen Nuanciertheit.
Ted Hearne: Das sehe ich auch so. Ich denke, bei allen Liedern in diesem Stück gibt es einen ähnlichen Ansatz zur Vertonung der Texte. Es geht darum, willkürliche Muster zu finden, sich auf bestimmte Wörter zu konzentrieren und dann die Wörter in anderer Reihenfolge neu anzuordnen, die Syntax zu ändern und viele Wiederholungen zu verwenden, um die potenziell unterschiedlichen Bedeutungen von Wörtern herauszuarbeiten und um die Wörter in verschiedene Kontexte zu stellen. Was passiert, wenn man diese Wörter ohne ihre ursprüngliche Musik spricht? Was passiert, wenn jemand sie auf Englisch singt, wenn jemand sie auf Deutsch singt? Wir haben drei Sänger:innen, und sie haben alle unterschiedliche Identitäten. Wenn sie alle La traviata singen, existiert ihre persönliche Identität vielleicht nur im Hintergrund der Inszenierung, aber wenn sie einen Text aus »(I Wish I Was In) Dixie’s Land« singen, steht die Identität der einzelnen Sänger:innen und ihre Vermittlung dieser Worte im Mittelpunkt der Interpretation. Was bedeutet es, wenn ein norwegischer Opernsänger diese Worte auf Deutsch singt? Und was bedeutet es, wenn ein Schwarzer amerikanischer Mann sie singt? Und was bedeutet es, wenn eine jüdische Amerikanerin, die in den Südstaaten aufgewachsen ist, sie singt?
over and over vorbei nicht vorbei
Eine zeitgenössische Oper
© Jaro Suffner
Könntet ihr das auf den Chor, mit dem ihr arbeitet, übertragen? Warum habt ihr euch entschieden, mit einem Chor junger Leute aus Berlin zu arbeiten?
Daniel Fish: Als wir das Gespräch darüber begannen, wie Deutschland und Amerika auf ihre Vergangenheit blicken, ging es um eine sehr grundlegende Frage: Was ist Teenager:innen wichtig? Vielleicht denken junge Menschen über den Zustand des Klimas und der Erde nach; was denken sie über die Vergangenheit ihrer Länder?
Ted Hearne: Und wir wollten ihnen die Möglichkeit geben, diese Worte zu singen. Die Musik richtet sich genauso an die Leute, die sie im Theater erleben, wie an die Leute, die sie machen. Jede:r von ihnen hat sein eigenes Gehirn und macht seine eigenen Erfahrungen, wenn man diese Musik verinnerlicht und den Text immer und immer wieder singt. Zum Teil ergibt sich der Sinn des Ganzen daraus, dass ihnen die Möglichkeit gegeben wird, sich mit der Musik auseinanderzusetzen, Fragen zu stellen, wie die Worte vertont und welche Themen angesprochen werden. Es geht darum, wie wir uns mit der Vergangenheit auseinandersetzen, oder wie wir unsere Auseinandersetzung schmälern oder wie wir sie nutzen. Es gibt Gewalt in der Gegenwart. Es gibt Gewalt in der Vergangenheit. Und wollen wir uns der jetzigen Gewalt bewusst sein? Wollen wir weitere Gewalt verhindern? Ich glaube nicht, dass dies eine intellektuelle Übung ohne Konsequenzen für die reale Welt ist. Wir haben das Privileg, dieses Stück an diesem Ort auf die Bühne zu bringen. Und wir haben vielleicht die Möglichkeit, Gewalt in der Zukunft zu verhindern. Das ist etwas, das mich motiviert.
Daniel Fish: Als wir das Gespräch darüber begannen, wie Deutschland und Amerika auf ihre Vergangenheit blicken, ging es um eine sehr grundlegende Frage: Was ist Teenager:innen wichtig? Vielleicht denken junge Menschen über den Zustand des Klimas und der Erde nach; was denken sie über die Vergangenheit ihrer Länder?
Ted Hearne: Und wir wollten ihnen die Möglichkeit geben, diese Worte zu singen. Die Musik richtet sich genauso an die Leute, die sie im Theater erleben, wie an die Leute, die sie machen. Jede:r von ihnen hat sein eigenes Gehirn und macht seine eigenen Erfahrungen, wenn man diese Musik verinnerlicht und den Text immer und immer wieder singt. Zum Teil ergibt sich der Sinn des Ganzen daraus, dass ihnen die Möglichkeit gegeben wird, sich mit der Musik auseinanderzusetzen, Fragen zu stellen, wie die Worte vertont und welche Themen angesprochen werden. Es geht darum, wie wir uns mit der Vergangenheit auseinandersetzen, oder wie wir unsere Auseinandersetzung schmälern oder wie wir sie nutzen. Es gibt Gewalt in der Gegenwart. Es gibt Gewalt in der Vergangenheit. Und wollen wir uns der jetzigen Gewalt bewusst sein? Wollen wir weitere Gewalt verhindern? Ich glaube nicht, dass dies eine intellektuelle Übung ohne Konsequenzen für die reale Welt ist. Wir haben das Privileg, dieses Stück an diesem Ort auf die Bühne zu bringen. Und wir haben vielleicht die Möglichkeit, Gewalt in der Zukunft zu verhindern. Das ist etwas, das mich motiviert.
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15. Februar 2024
Im Fluss mit der Tanzmenge
Loslassen, tanzen, mit kindlicher Freude auf einer ausschweifenden Party hüpfen und springen, den Beat im Körper spüren und KABEAUSHÉS Stimme durch den Kopf wirbeln lassen … KABEAUSHÉ ist Pop-Musiker und Kunstfigur zugleich, tritt mal als glamouröser Dandy, mal wie ein (un-)artiges Schulkind auf. Im Gespräch erzählt der Künstler Kabochi Gitau, wie sich Musik von KABEAUSHÉ anfühlt, wie viel Theatralität in seinen Konzerten steckt und welche Rolle das Publikum für seine Performance hat.
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Ein Gespräch mit dem künstlerischen Leiter Rainer Simon.
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Interview
9. Januar 2024
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In der Uraufführung der Oper over and over vorbei nicht vorbei von Ted Hearne nutzt der Komponist Fragmente historischer Songs. Wie er sich diesem Material genähert hat und warum er es so wichtig findet, dass ein Jugendchor an der Inszenierung beteiligt ist, erzählt er in diesem Interview.
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9. Dezember 2023
Take a walk on the wild side!
In zwei Monaten startet die zweite Runde Schall&Rausch! Ab dem 9. Februar 2024 lädt die Komische Oper Berlin wieder zum Festival für brandneues Musiktheater ins Areal der ehemaligen Kindl-Brauerei in Berlin-Neukölln ein, um brennende Themen mit Experimentierfreude und popkulturellem Glamour zu verhandeln! Ohne Scheu vor mitreißenden Melodien, brodelnden Beats und ekstatischen Zuständen bringt die Komische Oper Berlin das Musiktheater zehn Tage lang zum Glühen.
Die Theatermacher Ted Hearne und Daniel Fish treffen im diesjährigen Programm auf die Choreographin Nora Chipaumire, das niederländische Musiktheater-Kollektiv CLUB GEWALT auf den Performer und Schlagerliebhaber Daniel Cremer sowie der kenianische Popsänger KABEAUSHÉ auf das Orchester der Komischen Oper Berlin. In der Uraufführung over and over vorbei nicht vorbei, der Langzeitperformance shebeenDUB, der Work-out-Oper YURI, dem berauschenden LIKE A PRAYER und vielen weiteren Überraschungen kommen sie in Schall&Rausch zusammen, um in guter Komische Oper-Tradition den Spagat zwischen Experiment und Pop, Tiefgang und funkelnder Oberfläche zu wagen.
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22. Februar 2023
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Singen stärkt das Gemeinwohl
Julian Weber, taz
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20. Februar 2023
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Schall&Rausch – Festival für brandneues Musiktheater an der Komischen Oper
Uwe Friedrich, Deutschlandfunk Kultur
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