Così fan tutte ... aber warum?

Die Inszenierung von Kirill Serebrennikov bildet Vorurteile und Stereotype auf der Bühne ab. Dieses künstlerische Mittel zu nutzen ist immer ein Drahtseilakt. Ein paar Gedanken zur Einordnung aus unserer Dramaturgie.
Das Regieteam von Così fan tutte hat sich dazu entschlossen, die in der Welt vorhandenen Sachverhalte auf eine bestimmte Weise auf der Bühne darzustellen. Kirill Serebrennikov greift in seiner Inszenierung Vorurteile und Stereotype auf und führt sie in die Gegenwart. So im ersten Akt, wo er zwei völlig (überzogen) stereotyp dargestellte arabische Männer Dorabella und Fiordiligi in ihrem Zuhause besuchen und bedrängen. In der Libretto-Vorlage von DaPonte handelt es sich um zwei »albanische Prinzen«, die zu Mozarts Zeiten mit ähnlichen vorurteilsbehafteten sexualisiert exotistischen Assoziationen (inklusive einer als besonders männlich empfundenen Fremdartigkeit) verbunden wurden, wie heutzutage männlichen Personen aus einer wohlhabenden Gesellschaftsschicht aus Ländern des mittleren Ostens. Der Regisseur hat also nicht das Stereotyp in persönlicher Rede wiederholt, sondern auf der Bühne dargestellt.

Diese Rahmung ist die zentrale Vereinbarung des Theaters: Auf der Bühne wird Realität dargestellt. Die Darstellung ist aber ein Abbild und nicht identisch mit dieser Realität. Das Spiel mit Stereotypen ist immer ein Drahtseilakt, doch geht es an diese Stelle darum, die rassistisch motivierten Ängste der Frauen aufzuzeigen. Auch diese Frauen, sind nicht mit den Sängerinnen identisch. Die Sängerinnen schlüpfen in Rollen.

Das Ende der Inszenierung bemüht sich um eine Auflösung dieses Spiels um Vorurteile und Stereotype, in dem genau jene »-ismen« den Figuren vor Augen geführt werden, die Ihnen als Zuschauende auch aufgestoßen sind.