Solist - Bass
Tijl Faveyts
Zitat einfügen oder Element löschen - EN nicht vergessenHüpfen, springen, spielen und tief singen!
Dass es den groß gewachsenen Belgier einmal an die Komische Oper Berlin und nicht in die Charlottenburger Jazzclubs verschlagen würde, war zu Kindheitstagen nicht unbedingt zu erwarten: Das Schlagzeug hatte ihn als Instrument in den Bann gezogen. Und damit ist nicht das klassische Orchesterschlagwerk gemeint, sondern es waren Jazz, Pop und Rock, die den jungen Tijl Faveyts faszinierten. Für die erste Berührung mit Oper sorgte kein Geringerer als Theaterlegende Gerard Mortier, Intendant des Opernhauses in Brüssel, der Salzburger Festspiele und der Ruhrtriennale.
Mortier war ein guter Freund von Tijls Latein- und Griechisch-Lehrer und sorgte dafür, dass dessen Klasse in den 1990er Jahren als eine der ersten die Schul-Abos im Theater La Monnaie in Brüssel nutzen konnte. Viktor Ullmanns Der Kaiser von Atlantismachte den Anfang und hinterließ schweren Eindruck, ebenso wie Die Zauberflöte in der bildgewaltigen Inszenierung von Karl-Ernst und Ursel Herrmann. Es sollte nicht die letzte Begegnung mit diesem Werk bleiben …
Der entscheidende Moment war aber ein Sommer-Camp der Jeunesses Musicales, an dem Tijl Faveyts als Big-Band-Schlagzeuger teilnehmen wollte. Am Ende der zehn Tage war auch eine Aufführung von Mozarts Die Zauberflötegeplant. Bei der ersten Orchesterprobe saß Tijl – scheinbar unbeobachtet – im Nebenraum und trällerte das komplette Werk parallel mit. Von Taminos Bildnis-Arie über die Koloraturen der Königin der Nacht bis zu den Drei Damen (alle gleichzeitig!). Der Dirigent war tief beeindruckt und sorgte dafür, dass Tijl in letzter Minute noch bei der Aufführung mitwirken konnte. Und nicht etwa als Schlagwerker, nein: quasi über Nacht hatte Tijl völlig unbeabsichtigt seine Sängerkarriere begonnen und sang mit 17 Jahren seinen ersten Sarastro, eine Partie, die ihn bis heute nicht mehr loslässt – egal ob in Brüssel oder Berlin.
Nach der überraschenden Entdeckung im Sommer-Camp und dem Wechsel von den Trommelfellen zu den Stimmbändern folgte schnell professioneller Gesangsunterricht, dann die Zulassung zum Studium am Brüsseler Konservatorium und später der Wechsel nach Wien zu Professor Ralf Döring, mit dem er bis heute zusammenarbeitet. Festengagements führten ihn danach an das Theater St. Gallen sowie ans Aalto-Theater Essen. Raimondo in Lucia di Lammermoor wurde Faveyts erste große Hauptpartie in St. Gallen – »Für die kleinen Partien gibt es ja meist gleichwertigen freundlichen Applaus, aber als junger Sänger von einem vollen Haus wirklich bejubelt zu werden, ist ein ganz besonderer Moment.« Besonders am Aalto-Theater und in zahlreichen Gastengagements manifestierte sich eine besondere Beziehung zu den Partien Richard Wagners. »Als ich zum ersten Mal Fasolt einstudiert habe, habe ich gemerkt, dass für diese Art von Partie meine Stimmtechnik wie erschaffen ist. Es passte einfach wie die Faust aufs Auge!« Das einzige Manko des Wagner-Fachs sieht Tijl Faveyts darin, dass die oft als »Stehpartie« angelegten Bass-Rollen in den Werken Wagners für den spielfreudigen Belgier szenisch (zu) wenig Herausforderung bieten.
Seit 2019 ist Tijl Faveyts Mitglied im Ensemble der Komischen Oper Berlin und damit, auch was die Spielfreude angeht, gut aufgehoben. »Ich mag es zu hüpfen, zu springen, zu spielen, herumzualbern – und dabei am besten gleichzeitig zu singen!« Und so pflegt Faveyts eine Kombination aus Gastengagements mit seinen Herzens-Partien in den Werken Richard Wagners und Rollen voller körperlichem Einsatz »in meinem Zuhause« an der Komischen Oper Berlin. Überhaupt Berlin: Nach den Metropolen Brüssel und Wien fühlt sich der Belgier hier ganz besonders wohl. Wenn nicht die Bühne an der Behrenstraße ruft, trifft man Faveyts jede Woche in einem der anderen Theater und in den Museen der Stadt. Neben der Arbeit an der Komischen Oper Berlin ist es vor allem das rege Kulturleben, das ihn an der Hauptstadt reizt: Egal ob Richard III. an der Schaubühne, Die Nacht von Lissabon am Maxim Gorki Theater, Ultraworld an der Volksbühne oder die Ausstellung über den belgischen Symbolismus in der Alte Nationalgalerie. Und vielleicht findet man Tijl Faveyts in Zukunft nicht nur auf der Bühne der Komischen Oper Berlin, sondern auch auf den Open Stages der Berliner Jazzclubs. Dann allerdings nicht am Mikro, sondern wieder mit zwei Sticks bestückt am Schlagzeug!
Im Ensemble der Komischen Oper
Berlin seit 2019.
HEIMAT
Belgien
STUDIUM
Königliches Konservatorium Brüssel und Universität für Musik und darstellende Kunst Wien
Berlin seit 2019.
HEIMAT
Belgien
STUDIUM
Königliches Konservatorium Brüssel und Universität für Musik und darstellende Kunst Wien
CDs
Franz Schreker: Der Schatzgräber (Challenge)
Giacomo Meyerbeer: Le prophète (Oehms Classcis)
Richard Strauss: Elektra (Challenge)
Martinu Ariane (Supraphon)
WICHTIGE REGISSEUR:INNEN
Mariame Clément
Luc Bondy
Frank Castorf
Stéphane Braunschweig
Guy Joosten
Dietrich Hilsdorf
Barrie Kosky
Stefan Herheim
Hans Neuenfels
Kasper Holten
Tatjana Gürbaca
Vincent Boussard
WICHTIGE DIRIGENTEN
Daniel Harding
Jiří Kout
Kazushi Ōno
Fabio Luisi
Esa-Pekka Salonen
Carlo Rizzi
Antonio Fogliani
Tomáš Netopil
Marc Albrecht
Christian Thielemann
Frank Beermann
Daniel Harding
Kent Nagano
Giacomo Sagripanti
VORHERIGE ENGAGEMENTS
Theater St. Gallen
Aalto-Theater Essen
WICHTIGE STATIONEN
Festival d’Aix-en-Provence
Theater Bonn
Wiener Festwochen
Theater an der Wien
Théâtre Royal de la Monnaie
Vlaamse Opera
Grand Théâtre de Genève
Oper Stuttgart
Oper Leipzig
Oper Köln
Bayerische Staatsoper München
Semperoper Dresden
NCPA Peking
Nederlandse Opera Amsterdam
Gärtnerplatztheater München
Israeli Opera Tel Aviv
WICHTIGE PARTIEN AN DER KOMISCHEN OPER BERLIN
Sarastro/Sprecher (Die Zauberflöte)
Fürst Gremin (Jewgeni Onegin)
Sparafucile (Rigoletto)
Joe (Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny)
Komtur (Don Giovanni)
Pluto (Orpheus)
WICHTIGE PARTIEN ANDERSWO
Sarastro (Die Zauberflöte)
König Marke (Tristan und Isolde)
Daland (Der fliegende Holländer)
König Treff (Die Liebe zu den drei Orangen)
Re/Ramfis (Aida)
Fasolt (Das Rheingold)
Sparafucile (Rigoletto)
Don Basilio (Il barbiere di Siviglia)
Orest (Elektra)
Fürst Gremin (Jewgeni Onegin)
Oroveso (Norma)
Osmin (Die Entführung aus dem Serail)
Doktor (Wozzeck)
Hunding (Die Walküre)
Graf des Grieux (Manon)
Ein Nachtwächter (Die Meistersinger von Nürnberg)
Nächste Termine und Besetzung
Magazin
22. November 2024
Offener Brief von Barrie Kosky
»Bitte schützen Sie unsere geliebte Komische Oper in der Behrenstraße!«, schreibt unser früherer Intendant Barrie Kosky in seinem offenen Brief an Bürgermeister Kai Wegner, Finanzsenator Stefan Evers und Kultursenator Joe Chialo. »Lassen Sie nicht zu, dass das Ihr Vermächtnis ist.«
Den kompletten Brief können Sie exklusiv beim Tagesspiegel lesen.
Den kompletten Brief können Sie exklusiv beim Tagesspiegel lesen.
#dasistnichtkomisch
#keinBaustoppinBerlinMitte
#KOBSanierung
19. November 2024
Doppelte Katastrophe für die Komische Oper Berlin
Sparmaßnahmen der Berliner Landesregierung
»Trotz aller guten Argumente, die wir in den letzten Wochen und Monaten ausgetauscht haben, muss die Kultur insgesamt und die Komische Oper Berlin insbesondere überproportional massive Einsparungen hinnehmen. Und zwar nicht nur die Kürzungen von 9 % im laufenden Betrieb für 2025: Dazu kommt der Baustopp für die Sanierungsmaßnahmen unseres Stammhauses in der Behrenstraße.«, sagen Susanne Moser und Philip Bröking, die Ko-Intendanz der Komischen Oper Berlin. »Ein Baustopp von zwei Jahren führt zu einer Verzögerung der Fertigstellung um mindestens vier Jahre! 10 Millionen Euro werden gespart, es werden Mehrkosten von etwa 250 Millionen Euro verursacht. Das ist ein Skandal!«.
#dasistnichtkomisch
#keinBaustoppinBerlinMitte
#KOBSanierung
25. November 2024
Einfach schöne Musik
Ein Gespräch mit Herbert Fritsch über die Leichtigkeit Neuer Musik, die Schönheit chaotischer Rhythmen und mitreißende Spielfreude
#KOBSiKo
21. November 2024
Ekelhaft, Gruselig, Lustig!
Stephen Sondheims Musical Sweeney Todd ist das »perfekte Ineinandergreifen von Text und Musik, … in seiner orchestralen Pracht eindeutig das wirkungsvollste«, sagt James Gaffigan. Im Interview spricht Generalmusikdirektor der Komischen Oper Berlin über die musikalischen Einflüsse von Jazz, Bossa Nova bis Mozart und Mahler, Wagnerische Leitmotive und das Ertragen einer in der Tat ekelhaften Geschichte.
#KOBSweeneyTodd
Interview
19. November 2024
Mord ist sein Hobby
Makabrer Kannibalismus, grausame Vergewaltigungen und jede Menge Blut – all das assoziieren wohl die allerwenigsten mit einem kommerziellen Broadway-Musical. Und doch sind es genau diese Aspekte, welche Stephen Sondheims Musical-Thriller Sweeney Todd so faszinierend machen. Ganz ohne Irritationen ging das Erfolgsstück anfangs freilich nicht über die Bühne. Denn trotz acht Tony Awards und einem Broadwaylauf von 557 Aufführungen in seiner Premierensaison, stellte die Neuartigkeit des Werkes das Publikum vor Rätsel: Ist das jetzt ein Musical? Eine Oper? Ein Melodram? Eine Tragödie? Eine Komödie? Nicht nur mit zahllosen Morden konfrontiert uns das Werk, die Berge an Leichen werden auch noch zu Fleischpasteten verarbeitet und einer nichts ahnenden Kundschaft zum Essen serviert. Serienmorde und Kannibalismus – darf man über so etwas denn überhaupt lachen? Eine Einführung von Daniel Andrés Eberhard.
#KOBSweeneyTodd
Einführung
12. November 2024
Rules of Tragedy
Eigentlich spielt das Musical Sweeney Todd in einem viktorianischen London des 19. Jahrhunderts. Doch in Barrie Koskys Inszenierung präsentiert die Bühne sie als modernere Metropole, inspiriert vom Berlin der 1920er und 1930er Jahre und der Ära Margaret Thatchers. So mutiert dieses »Labyrinth der Hoffnungslosigkeit« auf der Bühne noch stärker zum Kampfplatz privilegierter Oberschicht und dem Milieu der Arbeiterklasse. Aus der Geschichte eines Rachefeldzugs wächst mit dem Musical »Sweeney Todd« an der Komischen Oper Berlin ein düster-komisches Panorama, das seinen Fokus auf das albtraumhafte Leben der Mittellosen in heutigen Großstädten setzt. Im Interview erzählt Regisseur Barrie Kosky, wie zwei fast sympathische Soziopathen –angetrieben von Leid und Rache – die feinsten Pasteten in einem solchen Moloch auftischen, wie viel Shakespeareanleihen in dem Musicalklassiker steckt, und wie überzeugend Horror und Komödie miteinander harmonieren können.
#KOBSweeneyTodd
Interview