Pessimismus des Verstandes, Optimismus des Willens

In­toller­an­za 1960

Luigi Nono
Szenische Handlung in zwei Teilen [1960/61]
nach einer Idee von Angelo Maria Ripellino
Deutsche Übertragung von Alfred Andersch

Mit einem Text von Carolin Emcke
Großes politisches Musiktheater! Der Glaube des Komponisten Luigi Nono an die Macht der Kunst war groß und ist es wert, nicht zuletzt in Zeiten wie diesen, überprüft zu werden. Eine Ermutigung, die Stimme da zu erheben, womit wir uns nicht abfinden wollen.

Ein Gastarbeiter flieht aus dem Moloch einer Bergarbeitersiedlung. Seine verständnislose Frau lässt er zurück und gerät auf der Suche nach dem Heimweg in politische Unruhen, wird schuldlos verhört, gefoltert und in ein Konzentrationslager gesperrt. Er erlebt Brutalität und Willkür, auch Solidarität. Kann fliehen, will kämpfen, gegen die Ungerechtigkeit, findet Halt in der Liebe einer Gefährtin. Schließlich strandet er in einem Dorf, das von den Fluten eines Hochwassers fortgerissen wird. Die letzten Worte des Chors stammen aus dem Gedicht von Bertolt Brecht An die Nachgeborenen: »… ihr, wenn es soweit sein wird, dass der Mensch dem Menschen ein Helfer ist, gedenkt unsrer mit Nachsicht.« Für die Inszenierung an der Komischen Oper Berlin verfasste die Kriegsberichterstatterin, Publizistin und Autorin Carolin Emcke den Essay »Es ist genug«.

Musikalisch bedient Nono sich einer frei gehandhabten Serialität, die in ihrer hohen Komplexität gewaltige Farbigkeit und emotionale Durchlässigkeit behält. Gerahmt durch zwei große kontemplative Chöre zeigt der Komponist mit aller Vehemenz die Missstände einer dysfunktionalen Gesellschaft auf. Die finale Flut scheint heute mehr noch als zur Entstehungszeit eine erschreckend plausible Konsequenz menschlicher Unzulänglichkeit.
Regisseur Marco Štorman findet seinen Weg jenseits illustrativer Bilder: Die wahren Kämpfe toben im Inneren. Márton Ághs das gesamte Bühnenhaus einnehmender Bühnenraumentwurf zieht jede:n mitten ins Geschehen und macht spürbar, was kommen mag, wenn die Flut gegangen ist: Stille.

Nicht verpassen
Bühnenbildner Márton Ágh lässt zum Auftakt der Saison keinen Stein auf dem anderen und verwandelt das Opernhaus in eine Eiswüste. Sie werden Bühne und Zuschauerraum nicht wiedererkennen!


Im Anschluss an die Vorstellung findet im Foyer der Komischen Oper Berlin am 29. September 2022 die Podiumsdiskussion »Unbequeme Positionen. Intolleranza 1960 heute« in Kooperation mit dem Kongress der Gesellschaft für Theaterwissenschaft statt.

Mit Sean Panikkar (Der Emigrante), Marco Štorman (Regisseur), Dr. Irene Lehmann (Theaterwissenschaftlerin und Luigi-Nono-Forscherin). Moderation: Prof. Dr. Clemens Risi (Universität Erlangen-Nürnberg), Johanna Wall (Chefdramaturgin Komische Oper Berlin)

Weitere Informationen zur Podiumsdiskussion gibt es hier und Informationen zum Gesamtprogramm des Kongresses der Gesellschaft für Theaterwissenschaft hier.
Deutsch
KOBIntolleranza
1h 20min, keine Pause
Pessimismus des Verstandes, Optimismus des Willens
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Stab
Musikalische Leitung
Inszenierung
Bühnenbild
Kostüme
Dramaturgie
Licht
Besetzung
Emigrante
Seine Gefährtin
Eine Frau
Ein Algerier
Ein Gefolterter
Sopran-Solo
Engel der Geschichte
Chorsolisten der Komischen Oper Berlin und Vocalconsort Berlin u. a., Es spielt das Orchester der Komischen Oper Berlin.

Probeneinblick
»Wir leben trotzdem und das gemeinsam ...«
In unserem Probeneinblick zu #KOBIntolleranza sprechen Regisseur Marco Štorman, Sänger Sean Panikkar und Schauspielerin Ilse Ritter über Luigi Nonos monumantale Oper und die Herausforderungen der Produktion an der Komischen Oper Berlin. Video ansehen und mehr erfahren!
HINTERGRUND
komische-oper-berlin.de
5. Okt
KOBIntolleranza Behind the scenes Marco Štorman Sean Panikkar Ilse Ritter
Probeneinblick
Dirigieren vom Sprungbrett
»Einer Arbeit wie die für ›Intolleranza 1960‹ bleibt im Gedächtnis ...«, erzählt Dirigent Gabriel Feltz in der zweiten Folge unserer Probeneinblicke zu #KOBIntolleranza. Sehen und hören Sie selbst!
HINTERGRUND
komische-oper-berlin.de
5. Okt
KOBIntolleranza behind the scenes Gabriel Feltz
Wusstet ihr ...? #KOBIntolleranza war Luigi Nonos erstes Musiktheaterwerk und entstand als Auftragsarbeit für die @Labiennaledivenezia. Es wurde im dortigen Teatro La Fenice am 13. April 1961 uraufgeführt. Weitere wissenwerte und unterhaltsame Fakten zu unserer Neuproduktion lest ihr in unserem digitalen Magazin.
Hintergrund
komische-oper-berlin.de
29. Sep 22
KOBIntolleranza
Luigi Nono stellte an den Scheitelpunkt seiner Oper Intolleranza 1960 eine Szene, die er »Einige Absurditäten des heutigen Lebens« betitelte. In der aktuellen Inszenierung von Marco Štorman steht an dieser Stelle ein Text einer der maßgeblichen gesellschaftspolitischen Stimmen der Gegenwart: Carolin Emcke. Die profilierte Publizist:in, Journalist:in und Kriegsberichterstatter:in verfasste diesen auf Einladung der Komischen Oper Berlin extra für diese Produktion.
Magazin
komische-oper-berlin.de
24. Sep 2022
KOBIntolleranza Essay
Der Countdown zur Eröffnungspremiere dieser Spielzeit läuft!
Seit Mitte Juli arbeiten unsere technischen Abteilungen daran, das Innere der Komischen Oper Berlin für #KOBIntolleranza in eine Eiswüste zu verwandeln – unser Saal ist kaum wieder zu erkennen! Seht im Zeitraffer einen kleinen Vorgeschmack auf das, was euch ab 23. September erwartet.
ENTDECKEN
komische-oper-berlin.de
17. Sep 2022
KOBIntolleranza


Ein eiskaltes Spektakel!

»…hervorragend unterfüttert durch einen Text der Publizistin Carolin Emcke, vorgetragen von der Theaterheroin Ilse Ritter. Emckes Text holt Nonos Oper ins Heute und schenkt diesem eiskalten Spektakel berührende Momente.«
BZ
Michael Zöllner, 26.09.2022

Es wird kalt an der Komischen Oper

»Dirigent Gabriel Feltz, Marco Štorman (Regie), Marton Agh (Bühne) und Sarah Schwartz (Kostüme) [haben] nicht einfach ein aktualisiert bebildertes Katastrophenspektakel abgeliefert. Sie konfrontieren die Besucher mit einer verblüffend radikalen Variante von Raumbühne. […] man hat fast den geradezu verstörend irritierenden Eindruck, dass die Musik, die die Kuppel perfekt und flutend in den Saal reflektiert, im Himmel gemacht wird. […] gesungen wird […] durchweg großartig […] ein musikalisch exzellentes, höchst eindrucksvolles Mitdenktheater.«
Concerti
Joachim Lange, 26.09.2022

Nonos "Intolleranza 1960" in Berlin ein Paukenschlag

»Der Abend gerät zu einem musiktheatralischen Paukenschlag, mit dem die neue Doppelspitze Susanne Moser und Philip Bröking die Intendanz von Barrie Kosky übernimmt. Am Ende gibt es viel Jubel und anhaltenden Beifall für Solisten, Chor, Orchester und Regieteam.«
dpa/Musik Heute
Gerd Roth, 23.09.2022

"Intolleranza 1960"

»Ein Anfang, zweifellos ein starker, ist gemacht.«
kulturradio
Kai Luehrs-Kaiser, 23.09.2022

Überleben in der Eiswüste

»Die Chorsolisten der Komischen Oper sind das Pfund, mit dem diese Aufführung wuchern kann. […] Der hervorragend einstudierte, ebenso klangmächtige wie vielseitige Chor tritt gleichermaßen als Erzähler, Ankläger und Spielmacher in Erscheinung. Er bekommt hier mehr Gewicht als in anderen Inszenierungen. […] Sean Panikkar kann sich als Emigrante mit seinem schneidigen Tenor den Weg durch die Eiswüste bahnen. Gloria Rehm als „Seine Gefährtin“ und Deniz Uzun als „Eine Frau“ verkörpern eindrucksvoll die Sehnsüchte zwischen Bleiben und Gehen.«
Berliner Morgenpost
Volker Blech, 25.09.2022

Der Schnee, so weich

»Und von oben, quasi als Himmelsmusik, tönt dazu das Orchester, riesig besetzt mit zwölf Schlagzeuger:innen, Harfe und Celesta zusätzlich zur traditionellen Sinfonieorchesterstärke. Auf Bildschirmen, die an der Balkonbrüstung befestigt sind, kann man mitverfolgen, wie Dirigent Gabriel Feltz mit weit ausgreifender, überdeutlicher Gestik das Geschehen quer durch den Luftraum koordiniert.
Sehr souverän wirkt das – und viel weniger provokant als erwartet klingt für den Hörer des Jahres 2022 auch Luigi Nonos zwölftönige Avantgardepartitur.«
Der Tagesspiegel
Frederik Hanssen, 25.09.2022

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